Interpretation von cytologischen Befunden von Ergüssen

In der Diagnostik und Interpretation von cytologischen Befunden in Ergüssen, sollten folgende Besonderheiten der serösen Höhlen (Pleura, Pericard und Peritoneum) berücksichtigt werden:

  1. Die Mehrzahl der Ergüsse sind in der Regel symptomatisch - reaktiv und deshalb unspezifischer Natur.
  2. Bei nicht malignen Erkrankungen bzw. Prozessen gibt es zwischen der Morphologie der Schleimhäute und der Ergüsse kaum Ähnlichkeiten (z. B. bei Tbc).
  3. Die Cytologie muss in der Ergussdiagnostik alle morphologischen Fragen (Malignität, Histogenese und Ausgangsorgan bei metastatischen Tumoren) allein beurteilen, da hier eine histologische Bestätigung nicht erfolgt. 
  4. Die primären Krankheiten der serösen Höhlen (Hyalinose und Mesotheliome) sind äußerst selten.
  5. Die Mesothelzelle ist eine pluripotente Zelle, die bei entzündlichen Reaktionen, wie auch bei malignen Tumoren, enorme Formvariationen zeigt. Sie kann alle im Körper vorkommenden Zellen imitieren.
  6. Die Morphologie der Mesothelzellen und von Tumorzellen in Biopsien bzw. Tupfpräparaten weist gegenüber der Morphologie in Ergüssen sehr große Differenzen auf. Die abgeschilferten Mesothelzellen bzw. Tumorzellen im Erguss leben unter einem anderen Milieu (Stoffwechselbedingungen). Dadurch erfahren Sie auch eine morphologische Transformation. So kann ein histologisch plattenepithelial differenzierter Tumor z. B. im Erguss durchaus als Adenocarcinom erscheinen.
  7. Herkömmliche Malignitätskriterien sind daher im Erguss nicht immer anwendbar.
  8. Nicht alle malignen Tumore erscheinen zum gleichen Zeitpunkt in den Ergüssen. Das Plattenepithel-Ca der Lunge zum Beispiel erscheint erst im sehr späten Stadium der Metastasierung im Erguss.
  9. Bei klinischen Verdacht auf einen malignen Erguss, sollte eine dreimalige cytologische Untersuchung im Abstand von Tagen oder Wochen erfolgen.

Trotz der obengenannten Besonderheiten bei der Interpretation der Cytologie von Ergüssen kann eine große Anzahl von Erkrankungen im Erguss sehr sicher und zuverlässig diagnostiziert werden. 

Dazu zählen:

1. Maligne Erkrankungen

a) Primäre Mesotheliome mit Bestimmung des Subtyps

b) Metastatische Tumoren mit Bestimmung des Ausgangsorgans und des Malignitätsgrades. Voraussetzung ist jeweils das Vorliegen von mindestens 10 bis 12 luftgetrockneten, unfixierten Sedimentausstrich- bzw. Cytozentrifugenpräparaten.

2. Benigne Erkrankungen

a) Rheumatische Ergüsse/ Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus Erythematodes oder 
chronische Polyarthritis).

b) Bakterielle Infekte (Empyem) mit Angabe der Bakterientypen und Durchführung einer
Gramfärbung zur spezifischen Antibiotikatherapie.

c) Virale Infekte

 

Auf den nachfolgenden Tabellen 1 und 2 finden Sie die unterschiedlichen Ätiologien von Pleuraergüssen mit der jeweils auftretenden Häufigkeit (nach Loddenkemper). 

 

 

Modifizierte PAPANICOLAOU-Klassifikation (nach Atay)

Grundlage der cytologischen Diagnostik in der nicht-gynäkologischen (allgemeinen) Cytologie stellt für uns die nach Atay modifizierte PAPANICOLAOU-Klassifikation (siehe auch Tabelle 3) dar. Sie ermöglicht es eine klare Festlegung bezüglich der Malignität. Bei Pleurapunktaten (unklarer Pleuraerguss) muss in ca. 15 % der Fälle mit einem malignen Befund gerechnet werden. Bei Pericardpunktaten liegt die Zahl bei 33 % und bei Ascitespunktaten bei ca. 20%.

PAP-Klasse Bedeutung
0 Nicht repräsentatives Material (keine Mesothelzellen oder wegen extremer Zelldegeneration nicht verwertbares Material)
I Normales Zellbild (findet in Ergüssen keine Verwendung, da alle Ergüsse per se pathologisch sind)
II Gutartige Erkrankungen (in der Regel entzündliche oder begleitende Ergüsse)
III Zellproliferationen mit Zellatypien (unklarer Befund). Überwiegend als Prodromalstadium vor einer Invasion eines malignen Tumors oder als Tumorrandreaktion anzusehen.
III D Dysplasien (leichte, mäßige, schwere). Extrem selten im Erguss. Bedeutung und Ursache wie bei Pap III.
IV a „Carcinoma in Situ“ (in der Ergusscytologie praktisch ohne Bedeutung)
IV b Einzelne, sichere Tumorzellen, Carcinom sehr wahrscheinlich
V Mehrere / viele Tumorzellen, sicheres Carcinom

 

Im nachfolgendem einige Beispiele für die am häufigsten vorkommenden Diagnosen.

PAP-Kl. II (lymphocytärer-mesothelialer Erguss sowie lymphocytärer, mesothelialer und granulocytärer Erguss bzw. eine andere Reihenfolge bei dieser Zellzusammensetzung. Diese am häufigsten vorkommenden Zellzusammensetzungen der Ergüsse finden sich z. B. bei Herzinsuffizienz (Stauungserguss), entzündlich begleitend oder im Ascites bei Leberzirrhose.

PAP-Kl. II stark lymphocytärer Erguss (z. T. mit lymphocytären Reizformen). Dieser findet sich häufig bei Virusinfekten als Begleiterguss. Ein lymphocytärer Erguss ohne Reizformen, teilweise mit und auch ohne Eosinophilie, kann begleitend bei einer Tuberkulose auftreten. Bei der Tuberkulose fehlen jedoch in der Ergusscytologie die ansonsten für die Diagnose spezifischen Zellen (wie z. B. Epitheloidzellen oder Langhans- Riesenzellen).

PAP-Kl. II eosinophiler, lymphocytärer, mesothelialer und granulocytärer Erguss (oder auch andere Reihenfolge der Zellzusammensetzung). Diese Zellzusammensetzung kann in der Rekonvaleszensphase nach Pneumonien, einem Sero- Pneumothorax oder operativen Eingriffen auftreten. Das Vorhandensein von LE-Zellen bzw. Pseudo-LE-Zellen deutet relativ zuverlässig auf eine Autoimmunerkrankung (z. B. chronische Polyarthritis oder Lupus Erythematodes) hin. Dieses wird in der Regel dann auch in der Diagnose explizit erwähnt (z. B. als „rheumatischer Erguss“).

PAP-Kl. II Granulocytärer, mesothelialer bzw. vorwiegend granulocytärer Erguss. Dieser deutet auf eine bakteriell- entzündliche Genese hin (z. B. als Begleiterguss bei Pneumonie (parapneumonischer Erguss). Bei allen benignen Erkrankungen wird, wenn im Erguss Merkmale gefunden werden die auf die Primärerkrankung zurückzuführen sind oder auf diese schließen lassen könnten, durch Zuhilfenahme von cytochemischen Untersuchungen, diese genau bestimmt (z. B. Chylothorax mit Hilfe der Fettfärbung oder ältere Einblutungen bzw. Hämatom durch die Eisenfärbung). Bei Verdacht auf Einblutung bzw. Hämatothorax kann durch die Eisenfärbung das ungefähre Alter des Hämatoms bestimmt werden.

PAP-Kl. III Atypische Mesothelzellproliferation. Diese Gruppe findet sich als Prodromalstadium bei Infiltration der serösen Höhlen (Pleura, Ascites, Pericard) durch einen malignen Tumor, bevor dieser im Erguss wächst bzw. erscheint. Die atypische Mesothelzellproliferation entspricht der Tumorrandreaktion bei der cytologischen Diagnostik von Organpunktaten bzw. Biopsien. Diese Gruppe kann auch bei Mesotheliomen gefunden werden. Bestimmte benigne Erkrankungen können teilweise auch zu atypischen Mesothelzellproliferationen führen. Diese sind jedoch temporär und reversibel. Insbesondere tritt dies bei der Pleuritis nach Lungenembolien auf. Nach einer Diagnose mit der PAP-Kl. III sollte eine mindestens ein- bis zweimalige cytologische Kontrolle des Ergusses in Abständen von drei bis sieben Tagen erfolgen.

PAP-Kl. IVb (Verdacht auf malignen Tumor) Hier finden sich nur sehr wenige (in der Regel weniger als 5 bis 10) maligne Zellen in den Präparaten. Bei klinischer Übereinstimmung der Diagnose (bekannter Primärtumor) kann evtl. auf eine Wiederholung der Untersuchung zur Sicherung der Diagnose (PAP V) ver-zichtet werden. Ansonsten empfehlen wir vor einer Therapie zur Sicherung der Diagnose (PAP V), die Wiederholung der Untersuchung mit möglichst luftgetrockneten, unfixierten Sedimentausstrichen.

PAP-Kl. V Hier liegt in der Regel ein maligner Tumor (Mesotheliom oder Metastase) vor. Stehen luft-getrocknete, unfixierte Ausstrichpräparate zur Verfügung, kann durch Durchführung von cytochemischen und gegebenenfalls auch immuncytochemischen Untersuchungen das Ursprungsorgan des Tumors relativ gut differenziert bzw. bestimmt werden. Insbesondere die Differenzierung zwischen einem Mesotheliom und einem metastatischen Tumor ist hierdurch sehr gut möglich.

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